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„Das sind alles Dinge, die mir wirklich viel bedeutet haben.“

„Auf dem Album geht es darum, dass ich 30 wurde, Vater wurde, einen Freund verlor und versuchte, Arbeit und Ehe unter einen Hut zu bringen“, sagt Ed Sheeran über sein viertes Album „=“ gegenüber Apple Music. „Das sind alles Dinge, die mir wirklich viel bedeutet haben.“ Der Nachfolger von „÷“ aus dem Jahr 2017 war ursprünglich als Akustikalbum konzipiert, für das sich Sheeran 2018 in Nashville niederliess, um daran zu arbeiten. Hier finden sich Tracks aus dieser Zeit („First Times“, „Love In Slow Motion“), aber – da Sheeran bis zur Veröffentlichung rastlos schrieb und aufnahm – ist „=“ eine typisch eklektische Platte eines Künstlers, der sich schon immer daran erfreut hat, Erwartungen zu unterlaufen. So hören wir von den 1980ern inspirierten Pop (das grandiose „Bad Habits“), traurige Ohrwürmer („Overpass Graffiti“), eine filmische Klavierballade („The Joker And The Queen“) und sogar ein für seine Tochter geschriebenes Schlaflied („Sandman“). Dank des unverstellten Songwritings ist „=“ Sheerans bisher persönlichstes und bewegendstes Album. Und er hat nur eine Bitte, bevor du auf „Play“ drückst: „Hör es dir einmal der Reihe nach an – das ist alles, worum ich dich bitte“, sagt er. „Es ist mir egal, was du nach dem ersten Hören macht. Schieb die Songs in eine Playlist, hör das Album im Random-Modus – was immer du möchtest. Aber du solltest es mindestens einmal so hören, wie es gedacht ist.“ Und während du das tust, liest du hier Sheerans ausführliche Track-by-Track-Anleitung zum Album.

„Tides“
Auf „÷“ habe ich in „Eraser“ die vergangenen paar Jahre zusammengefasst und den Leuten erzählt, wo ich aktuell stand. Das wollte ich wieder tun, aber diesmal, ohne zu rappen. Ich wollte etwas, mit dem man eine Stadion-Show eröffnen kann, das riesig, aber gleichzeitig auch winzig ist. Die Strophe ist also so chaotisch, wie sie nur sein kann, es ist ein echtes Getöse: Denn das ist es, was in meinem Leben passiert. Das ist meine Karriere. Und dann hört alles auf. Es geht darum, was passiert ist: Ich wurde Vater und der ganze Lärm stoppte. Nichts anderes war in diesem Moment wichtig.

„Shivers“
Manchmal komm ich mir vor wie in einem Würgegriff, in dem mich die vergangenen Songs, die ich geschrieben habe, oder das Genre, in dem ich mich bewege, festhalten. Nach dem Motto: Ich will ja stets ein bedeutungsvoller, tiefgründiger Singer-Songwriter sein und Songs schreiben, die einem wirklich das Herz herausreissen. Doch je weiter meine Karriere voranschreitet, desto lieber mache ich manchmal amüsante Liebessongs. Du könntest diesen Song auf der Firmen-Weihnachtsfeier spielen und es werden hoffentlich alle darauf abfahren.

„First Times“
Der Grund, warum „First Times“ an dieser Stelle des Albums steht, ist, damit meine Fans hier aufatmen können, so nach dem Motto: „Ok, cool, hier sind Songs für uns drauf.“ Das ist ein für mich ziemlich typisches Format. Und es hat eine lustige Geschichte. Fred [alias Produzent und Künstler Fred again...] und ich haben diesen Song geschrieben und mein Bruder [Komponist Matthew Sheeran] hat einen Streicherpart über das Demo gelegt. Wir wohnten in einem Haus in Nashville, das einen unglaublichen Weinkeller hatte, und alle meine Freunde hatten diese Weed Pens [Anm.: Vaporizer zum Cannabis einnehmen]. Wir beendeten einen Tag mit Sessions, tranken jede Menge Wein, schnappten uns die Weed Pens, schauten einen „Avengers“-Film und vertilgten Doritos. Eines Abends sagte Fred: „Hey, Mann, kannst du das noch mal singen?“ Ich konnte kaum noch die Augen offenhalten und war zu nichts mehr zu gebrauchen. Ich habe es nur einmal gesungen und das ist jetzt die Version auf dem Album, deshalb ist sie auch so sanft und zart. Weil ich fast weg war.

„Bad Habits“
Ich war mir bewusst, dass ich nie wirklich alleine Dance-Songs gemacht habe, aber ich hatte immer im Hinterkopf, das mal zu versuchen. Fred und sein Bruder nennen sich Rain Radio und ich wollte so etwas wie ihren Track „Talk About“ machen – nicht für mich zu singen, sondern einfach einen Club-Kracher. Ich ging nach Hause mit fünf oder sechs Songs, die ich an diesem Tag gemacht hatte. Ich spielte sie meiner Frau [Cherry Seaborn] vor und als „Bad Habits“ lief, meinte sie: „Das! Daran solltest du arbeiten.“ Das haben wir dann getan. Wenn man den Dance-Beat entfernt und es auf einem Klavier singt, würde es ganz gut auf „x“ oder „+“ passen. Ich wurde schliesslich Vater und musste bestimmte Dinge weglassen, die meinem Körper schadeten.

„Overpass Graffiti“
Der Song handelt von einer Trennung, die Jahre her ist. Man hält die Erinnerung daran immer noch fest und sie wird nie verblassen, wie Graffiti an einer Strassenbrücke. Ursprünglich war der Song eine Power-Ballade, er war sehr langsam. Dann sagte Fred: „Hast du jemals darüber nachgedacht, ihn in Doubletime zu spielen?“ Das hat dem Stück ein ganz neues Feel gegeben.

„The Joker And The Queen“
Wir hatten „Bad Habits“ geschrieben und ich dachte: „Ich glaube, wir sind für heute fertig. Ich werde mich nicht unter Druck setzen, um einen weiteren Song hinzubekommen.“ Dann sagte Fred: „Ich habe gerade mit diesem Typen gearbeitet, [dem britischen Singer-Songwriter] Sam Roman, und er hat ein Klavier-Instrumental gemacht, das ich schon immer sehr schön fand, aber ich habe es nie geschafft, etwas dazu zu schreiben.“ Er hat es mir vorgespielt und ehrlich gesagt, es waren wahrscheinlich 15 bis 20 Minuten, in denen ich Metaphern aufgeschrieben und mir vorgeflüstert habe. Erst hatte ich die Zeile „joker and the queen“, dann hiess es „I fold, you saw my hand, you let me win, you put the cards on the table“. Ich mochte den Song eine Zeit lang nicht – meiner Meinung nach ist es Schummeln, wenn Songwriting so einfach ist. Doch dann hat mein Bruder einen Streicherpart eingespielt und plötzlich klang der Track wie ein alter Klassiker, den es schon seit den 1950er-Jahren gab. Ich habe mich in den Song verliebt.

„Leave Your Life“
Ich flog nach Australien zur Beerdigung meines Freundes Michael [Gudinski, der geschätzte australische Musikunternehmer, der Sheerans Mentor war und im März 2021 verstarb] und war zwei Wochen lang in Quarantäne. Wir verfolgten die Beerdigung über eine Video-Live-Schalte, und danach telefonierte ich mit seiner Tochter, die mir sagte: „Mein Vater hat immer gesagt, dass er mich liebt. Das Letzte, was er je zu mir gesagt hat, war ‚Ich liebe dich.‘“ Ich sagte daraufhin: „Meine Tochter ist sechs Monate alt. Wenn ich morgen sterben würde, würde sie es nie erfahren.“ Dies ist also ein Brief an sie, in dem ich ihr das sage. Ich glaube, das ist mein Lieblingssong auf dem Album. Es gibt nicht viel Text darin, aber jede einzelne Zeile bedeutet mir extrem viel.

„Collide“
Ich hatte das Gefühl, dass das Album bis zu dieser Stelle ziemlich düster war, und wollte es mit einem aufmunternden Song wieder aufpeppen. Mein Hochzeitssong [für den ersten Tanz mit meiner Frau] war „Thirteen“ von Ben Kweller – im Prinzip eine Liste von Dingen, die er mit seiner Frau gemacht hat. Ich habe ihm eine Nachricht geschickt und gefragt, ob ich eine Version davon machen kann, die alles beinhaltet, was Cherry und ich gemacht haben. Und er sagte: „Leg los!“ Es ist eins von diesen Liedern, bei denen du auf einem Festival die Hände in die Luft strecken und ein Glas Cider in der Hand halten würdest.

„2step“
Im April oder Mai 2021 war ich in L.A. mit [Produzent] Andrew Watt, den ich seit zehn Jahren kenne, mit dem ich aber noch nie zusammengearbeitet habe. Ich war in seinem Studio und wir haben vier oder fünf Songs aufgenommen, einfach so zum Spass. „2step“ war einer der Songs, die ich wirklich mochte. Er klang wie ich im Jahre 2010 – als wäre ich 30, versuche aber 18 zu sein, um darüber zu singen, was ich mit 30 durchmache. Ich hatte immer die Zeile „two-stepping with the woman I love“ im Kopf, weil ich nicht tanzen kann. Und meine Frau, Gott segne sie, ist ebenfalls keine unglaubliche Tänzerin. Aber diesen Two-Step – den können wir.

„Stop The Rain”
Hier geht es um einen Rechtsstreit, in den ich verwickelt bin. Jedes Mal, wenn ich Einflüsse aus einem Song entnommen habe, erwähn ich es. Und in dieser Sache, in der ich mich gerade befinde, glaube ich, dass ich im Recht bin. Aber der Regen will einfach nicht aufhören. Es geht nur darum, dass du weisst, dass du im Recht bist und da irgendwann rauskommst. Ich habe das Gefühl, dass ich in diesem Song die beschissene Situation verarbeite und etwas Grossartiges daraus gemacht habe.

„Love In Slow Motion“
In der Stadt ist immer etwas los. Dann sind [Cherry und ich] nach Suffolk gezogen, wo nicht wirklich viele Leute um uns herum leben, und wir hatten Abende, an denen es hiess: „Oh Mann, das ist wirklich nett. Wie geht es dir?“ In „Love In Slow Motion“ geht es im Grunde darum, abzuschalten und die Gesellschaft des anderen zu geniessen und zu erkennen, warum ihr euch liebt.

„Visiting Hours“
Ich habe mit [der britischen Singer-Songwriterin] Amy Wadge zusammengearbeitet, mit der ich „Thinking Out Loud“ gemacht hatte. Und sie sagte, dass sie mit einem Typen namens Ant Clemons gearbeitet hat, der mir einen Song geschickt hat. Ich sollte ihn mir anhören. Er war nichts für mich, aber er hatte diese Zeile: „I wish heaven had visiting hours“ („Ich wünschte, der Himmel hätte Besuchszeiten“). Wir fragten, ob wir ihn verwenden könnten. Und dann ist mein Freund Michael gestorben. Ich konnte anderthalb Wochen lang mit niemandem sprechen, ohne anzufangen zu weinen. Ich habe das Lied bei mir zu Hause geschrieben und es dann bei seiner Trauerfeier gesungen. Ich fand es ziemlich aufwühlend, ihn zu schreiben, und definitiv noch ergreifender, ihn zu singen.

„Sandman“
Ich habe dieses Lied geschrieben, bevor meine Tochter geboren wurde. Ich dachte mir: „Sie wird ein Schlaflied brauchen. Wovon sollte sie träumen?“ Es kommt direkt nach „Visiting Hours“, also hast du Traurigkeit und Verlust und dann Freude und Leben. Ich denke, es löst die Stimmung nach „Visiting Hours“ sofort.

„Be Right Now”
Diesen Song habe ich absichtlich als Schlusstrack geschrieben. Es fühlte sich an wie das Ende der Platte, bei dem meine Familie im Grunde in unsere Welt zurückkehrt. Das Album beginnt buchstäblich mit einem Schlag ins Gesicht und endet mit einem ganz sanft singenden Vocoder-Chor, der den Zuhörer entspannt. Ich mochte es einfach sehr – vor allem den Sound.

© Apple Music